Altena/Nachrodt-Wiblingwerde. Es gibt keine realistische Alternative zur geplanten Vollsperrung der B236 in der Ortsdurchfahrt in Nachrodt-Wiblingwerde. Dies wurde am Donnerstag (3. März) bei einer Informationsveranstaltung des Landesbetriebs Straßen NRW in Nachrodt bekannt. Als Ausweichstrecke für Anlieger ist die Ehrenmalstraße vorgesehen.
Erst kam Corona, dann die Flut, die Vollsperrung der Rahmedetalbrücke der A 45 und jetzt: die Vollsperrung der B236. „Das Thema brennt uns unter den Nägeln, es ist seit vier Wochen Dauerthema im Ort“, so Birgit Tupat, Bürgermeisterin von Nachrodt-Wibligwerde, und konnte von den Ängsten und Nöten ihrer Bürger/innen und Unternehmer/innen berichten.
Der Starkregen im Juli 2021 ist laut Straßen NRW auch der Auslöser für die Gefahr, die von dem Felshang an der Bundesstraße ausgeht. In der Ehrenmalstraße oberhalb des Hangs wurden nach dem Starkregen Risse in der Fahrbahn festgestellt. Der Felsen ist durch das viele Wasser in Bewegung gekommen. Dies konnte man sehr gut anhand der Leitplanke sehen, die in einem anderen Winkel zur Straße stand. Es wurde dort bereits eine Notsicherung vorgenommen, denn direkt neben dem Riss läuft eine Gasleitung her.
An dem Felsen sind auch helle Stellen zu erkennen; dort tritt Kluftwasser aus, heißt es. Und die Minustemperaturen nachts mit Frost sorgen nicht zur Verbesserung der Lage bei. Denn wenn das Kluftwasser zwischen dem Gestein gefriert, dehnt es sich aus und sprengt den Fels weiter auf. Deshalb werde die Sicherheit vor Ort in kurzen Abständen regelmäßig durch einen Gutachter bewertet und überprüft.
Eine Variante, den Hang mit Netzen zu sichern, scheitert an mangeldem Platz und der dadurch entstehenden Gefahr. Die Felsnägel, die das Netz befestigen, würden in das Lichtraumprofil der Straße ragen. Wie gefährlich so was ist, wurde an einem Beispiel aus Altena gezeigt. Dort hatte sich ein Linienbus die komplette rechte Seite aufgeschlitzt.
Hatten ortsansässige Bauunternehmer noch vor dem Informationsgespräch am Donnerstag Hoffnungen, eine Vollsperrung mit ihren Ideen zu vermeiden, so war nach dem Termin im Gemeindehaus der katholischen Kirche unweit der Felsnase die Sache klar. „Die Ideen sind technisch machbar, aber nicht in der Kürze der Zeit umsetzbar“, so die technische Direktorin von Straßen NRW, Dr. Petra Beckefeld. Denn die dafür erforderlichen Schritte wie Ausführungsentwurf, Genehmigungs-, Ausschreibungs- und Vergabeverfahren würden zu lange dauern, um für Anwohner und Unternehmen in einem realistischen Zeitrahmen Abhilfe zu schaffen. Deshalb wird die vom Landesbetrieb vorgestellte Lösung favorisiert.
Und diese besagt, dass aus sicherheitstechnischen Gegebenheiten der Fels an der Böschungskrone von oben nach unten abgetragen werden muss. Dafür muss in den hohen Profilabschnitten mit gebirgsschonenden Sprengungen gearbeitet werden; weiter unten kann gegebenenfalls der Abtrag mit Meißelarbeiten erfolgen. Anschließend muss das lose Felsmaterial entfernt werden und muss sofort mit der konstruktiven Sicherung mittels Felsnägeln, Spritzbeton und Steinschlagschutznetz begonnen werden.
Dabei soll an sechs Tagen der Woche bei vollständiger Ausnutzung der Tageshelligkeit und unter Beachtung des Lärmschutzes gearbeitet werden, um möglichst schnell fertig zu werden: Das bedeutet, es ist nicht geplant, rund um die Uhr zu arbeiten.
Die zu bewegende Felsmasse entspricht nach Berechnungen von Straßen NRW mehr als 400 Lkw-Ladungen. Für die Sprengungen werden insgesamt 1,5 Tonnen Sprengstoff benötigt; das ist ca. zehnmal so viel wie für die kürzlich erfolgten Sprengungen der A 45-Talbrücken bei Siegen benötigt wurde.
Die Bundestagsabgeordnete Bettina Lugk (SPD) wollte wissen, ob es nicht möglich wäre, nach den einzelnen Sprengungen und der Beseitigung des Materials die Straße wieder freizugegeben, um so z. B. den Unternehmen Lieferverkehr zu ermöglichen. Dies gehe allerdings aus Sicherheitsgründen nicht, da bei den Arbeiten nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Erschütterungen einzelne Teile unkontrolliert auf die Straße stürzen können.
Für die Dauer der Sperrungen soll der Pkw-Verkehr für Anlieger über die Ehrenmalstraße umgeleitet werden. Die derzeitige Einbahnstraßenregelung wird für die Dauer der Maßnahme aufgehoben. Auch Rettungskräfte und der ÖPNV sollen diese Umleitung dann nutzen. Für den Umleitungsverkehr der A45, insbesondere Lkw, wird eine weiträumigere Umleitung eingerichtet, um Anwohner zu schützen. Diese soll, wie Lokalstimme bereits berichtete, über Iserlohn – Kesbern – Ihmert – Evingsen – Nette – Altena erfolgen.