Altena. „Hinter dem nächsten Regal links in den Gang abbiegen. Dann Ziel erreicht: Die Chips sind auf der rechten Seite.“ – Ein Navigationssystem im Supermarkt, das weiß, was der Kunde kaufen möchte, ihn leitet und zusätzlich Kaufvorschläge macht, klingt wie Zukunftsmusik. Wird aber bald schon auf der Messe Euroshop in Düsseldorf vorgestellt: vom Altenaer Unternehmen J. D. Geck aus Grünewiese.

„Geck Smartshop App“ lautet der Arbeitstitel der Neuentwicklung, die das Traditionsunternehmen gemeinsam mit Technikpartnern, wie dem Dortmunder Digitallabor Ways, entwickelt hat und am Montag (16. Dezember) dem Bundestagsabgeordneten und ehemaligem NRW-Minister Oliver Wittke und dem Landtagsabgeordneten Thorsten Schick (beide CDU) vorgestellt hat. Die beiden bekommen dabei eine Entwicklergeschichte zu hören und am Ende auch das Ergebnis zu sehen, die so nicht unbedingt im oberen Rahmedetal, zwischen Bachlauf und Viehweide, zu vermuten sind, aber eben zeigen, dass digitale Transformation durchaus und gerade im vom Mittelstand geprägten Sauerland passiert.


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Präsentation im ehemaligen Pferdestall

Stellte das Navigationssystem für Einkaufswagen vor: Oliver Görlich, geschäftsführender Gesellschafter von J. D. Geck.

Im ehemaligen Pferdestall, inzwischen zum schmucken Konferenz- und Schulungsraum umgebaut, gegenüber der Geck-Verwaltung in Grünewiese stellt Oliver Görlich, geschäftsführender Gesellschafter, die digitale Transformation den CDU-Politikern vor. Die Entwicklung soll „dem stationären Einzelhandel im Kampf gegen digitale Onlineshops helfen“, stellt Görlich den Ansatz heraus. Dabei verfolgt der Unternehmer durchaus einen Eigennutz: Geck stellt Warenhalter für Regale, digitale Preisschilder und Einkaufswagen her; es liegt also durchaus im Interesse des Unternehmens, das Mitte des 19. Jahrhunderts als Kettenschmiede für die Landwirtschaft gegründet wurde, dass es Super- und Baumärkten gut geht. Rund eine Millionen Euro hat Geck nach eigenen Angaben bislang in das Projekt gesteckt.

Geck und seine Kooperationspartner gehen dabei davon aus, dass der Einkauf in Supermärkten, vor allem, wenn es um Lebensmittel geht, von den Kunden weiterhin dem Onlineshopping vorgezogen wird, dass der Einkauf aber auch einen Erlebnischarakter haben muss. Dieses Erlebnis, verbunden mit Zeitersparnis, weil das Suchen entlang der Warenregale wegfällt, will Görlich mit der Neuentwicklung verwirklichen.

Mehrwert für den Kunden

Görlichs Beispiel: ein Einkauf für ein indisches Gericht. Fleisch, Gewürze, Gemüse, Reis. Die Einkaufsliste wird im Smartphone gespeichert. Wenn der Kunde den Supermarkt betritt, nimmt er aus einem Regal (Smart Wall) ein Tablet-Computer, aktiviert den Mini-PC mit seinem Smartphone – dabei wird die Einkaufsliste übertragen, durchaus auch persönliche Daten. Görlich: „Die Vorschriften des Datenschutzes werden beachtet, aber Alter und Vorlieben beim Einkauf werden schon gespeichert“. Der Vorteil, den Görlich aus den gesammelten Daten ziehen will: Das lernende System spricht mit der Zeit, mit jedem weiteren Einkauf, individuelle Kaufempfehlungen aus, die „treffender sind als beim Onlineshopping“. Der Kunde soll einen Mehrwert bekommen dafür, dass er bestimmte, persönliche Daten preisgibt.

Fast wie ein Audio-Guide im Museum

Der Tablet-PC wird, ähnlich einem Navigationssystem im Auto, am Einkaufswagen fixiert und leitet den Kunden durch die Regalreihen zu den Produkten, die er auf seiner abgespeicherten Einkaufsliste hat. Zudem gibt das System Empfehlungen. Auf das indische Essen bezogen vielleicht den Hinweis „auf indisches Bier“, so Görlich: „Oder, wer Bier kauft bekommt auch den Hinweis auf Chips – und zwar genau dann, wenn er an dem entsprechenden Regal vorbeifährt und nur eben ins Regal zu greifen braucht.“

Die beiden CDU-Politiker, die von Bürgermeister Andreas Hollstein und CDU-Fraktionschef Uwe Kober, begleitet wurden, zeigten sich beeindruckt. Erst Recht, als es, ein paar hundert Meter das Rahmedetal hinauf, kurz vor der Stadtgrenze zu Lüdenscheid, in den Testsupermarkt von Geck geht. Eine ehemalige Montagehalle, rund 600 Quadratmeter groß, ist dazu umgebaut worden und mit Warenregalen und Testprodukten bestückt. Nils Schäckermann, technischer Informatiker, führt den Abgeordneten die App und deren Funktion vor. Die Navigation des Einkaufswagen erfolgt dabei nicht, wie bei Fahrzeugen, über GPS (Global Positioning System), sondern über so genannte Visual Light – Leuchten, die, für das menschliche Auge unsichtbar, quasi einen Barcode aussenden.

“Lieber Geld für den Digitalausbau statt Steuerentlastung”

Oliver Wittke zeigt sich erstaunt – über das Unternehmen und die Entwicklung: „Aus der Schwerindustrie kommend haben sie fast einen Schritt übersprungen direkt in die Zukunft“, formulierte der Chef der Ruhr-CDU und wirbt für eine Unternehmenssteuerreform, die Ausgaben der Unternehmen „für solche Innovationen und Entwicklungen“ berücksichtigen soll. Dafür bekommt er von Oliver Görlich, einen dringenden Appell als Antwort: „Stecken sie das Geld lieber in den Ausbau der digitalen Infrastruktur! Nur mit Klingeldraht oder 10-MBit-Leitung sind wir nicht konkurrenzfähig“, mahnte der Geck-Gesellschafter, der aus einem Kunststoff- und Metallverarbeiter eine Ideenschmiede gemacht hat und die digitale Transformation lebt.

Fotos: Björn Braun

 

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