Iserlohn. Schützenhilfe aus der Hauptstadt sollte es sein: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Mittwoch (8. September) zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage in den Märkischen Kreis gereist – dieses Mal besuchte sie, auf Einladung des CDU-Kandidaten für den heimischen Wahlkreis zur Bundestagswahl, Paul Ziemiak, den Arzneimittelhersteller Medice in Iserlohn.
Noch gut zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Also Endspurt im Werben um die Wählerstimmen.
Dass auch die Kanzlerin, die nach 16 Jahren ihren Abschied nimmt und das Regierungsamt abgibt, ihre Zurückhaltung hat fallen lassen und aktiv als Wahlkämpferin auftritt, ist spätestens seit der voraussichtlich letzten Sitzung des Bundestags am Dienstag in Berlin klar. Die Langzeitkanzlerin wirbt jetzt offen und offensiv für Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat von CDU und CSU, als ihren Nachfolger. Denn Laschet hat in allen Umfragen seinen einstigen klaren Vorsprung verloren – und liegt inzwischen hinter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und der Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock zurück auf Platz 3. Noch schlimmer: In jüngsten Umfragen liegt auch die CDU hinter der SPD.
Erster Versuch im heimischen Wahlkreis
Zwar sind dies Umfragewerte, keine Wahlergebnisse. Aber sie alarmieren. Mit Sicherheit auch den Generalsekretär der Bundes-CDU – Paul Ziemiak. Der Iserlohner bewirbt sich erstmals in seinem Heimatwahlkreis (Iserlohn/Altena/Nachr.-Wiblingwerde/ Neuenrade/Plettenberg/Balve/Menden) um den direkten Einzug in den Bundestag. Vor vier Jahren blieb ihm das Direktmandat verwehrt – da musste Ziemiak noch in einem roten Ruhrgebiets-Wahlkreis gegen die SPD-Bewerberin Michelle Müntefering antreten. Und verlor.
Auf der Landesliste der NRW-CDU steht Ziemiak bei diesem Urnengang auf Platz 6. Holt die CDU überproportional zu ihrem Zweitstimmenergebnis viele Direktmandate in NRW, könnte schon dieser 6. Listenplatz keine Garantie mehr für einen Einzug ins Berliner Parlament sein, falls es für Ziemiak mit dem Direktmandat überraschend wieder nicht klappt.
Doch dieses Mal soll der Direkteinzug gelingen. Die Ausgangslage ist dabei auch gar nicht schlecht. Die langjährige und über Parteigrenzen geschätzte Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag, die seit 1998 den Wahlkreis immer direkt für die SPD gewonnen hat, tritt nicht mehr an. Ihrer Nachfolgerin, Bettina Lugk, geht es wie Ziemiak: Beide treten erstmals in diesem Wahlkreis an.
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Iserlohn
CDU-Kandidat Ziemiak versuchte am Mittwoch mit Prominenz zu punkten: Die Bundeskanzlerin kommt in den Wahlkreis und nach Iserlohn. Zum Pharmahersteller Medice. Das familiengeführte Unternehmen gilt als Beispiel, wie sich Unternehmen strategisch erfolgreich weiterentwickeln: Bei Medice vom reinen Arzneimittelproduzenten hin zu einem Gesundheitsunternehmen, das die Bereiche Digital Health, also Gesundheitsfürsorge auch mit Mitteln der digitalen Technik, und Nachhaltigkeit für seine Entwicklung entdeckt hat.
Allerdings geschieht der Wahlkampfauftritt der Kanzlerin im Wahlkreis des Generalsekretärs unter Ausschluss der Öffentlichkeit – selbst weitgehend für die Pressevertreter.
Am Ende einer Betriebsbesichtigung gibt es vor den Kameras und Mikrofonen ein paar Statements, ausgetauschte Höflichkeiten. „Ich habe manches gelernt und möchte sagen, dass Deutschland ein starker Gesundheitsstandort ist, dass die mittelständischen und auch größeren Unternehmen im Gesundheitsbereich aber natürlich auch einem starken Wandel unterworfen sind. Bei Ihnen kann man beobachten, wie Sie diesen Wandel mitgestalten, wie Sie sich darauf einlassen“, sagt die Kanzlerin in Richtung von Dr. Katja Pütter-Ammer und Dr. Richard Ammer, beide geschäftsführende Gesellschafter von Medice. Dr. Katja Pütter-Ammer bekennt, dass Angela Merkel als erste Frau im Kanzleramt ein Vorbild für sie gewesen sei.
Ins Goldene Buch der Stadt Iserlohn hat sich die Kanzlerin Angela Merkel noch eingetragen; Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe war dazu mit dem Register der Ehrengäste in der Waldstadt bei Medice angereist. Dann geht es für Merkel auch schon weiter zum nächsten Termin in Düsseldorf.
Bereits am Sonntag (5. September) war die Kanzlerin im Märkischen Kreis. In Schalksmühle hatte sie nach der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli Feuerwehrleute getroffen, die im Einsatz ein Todesopfer aus ihren Reihen zu beklagen hatten – wie die Altenaer Feuerwehr. (BB/CMz)
Hintergrund: Das Unternehmen Medice – 300 Millionen Euro Jahresumsatz
Medice ist ein mittelständisches, in den letzten Jahren nach eigenen Angaben „überdurchschnittlich stark wachsendes“, in dritter Generation geführtes Familienunternehmen. Medice entwickelt und produziert Arzneimittel („Meditonsin“) am Standort Iserlohn und konzentriert sich im rezeptpflichtigen Bereich auf die Gebiete Zentrales Nervensystem (ZNS), Nierenheilkunde und Dialysemedizin. Darüber hinaus ist Medice auch in der Allgemeinmedizin, in der Apotheke und beim Endverbraucher mit zahlreichen Marken gut bekannt. Mit fast 1000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von fast 300 Millionen Euro bei einem jährlichen Wachstum von ca. zehn Prozent über die letzten 20 Jahre gehört Medice zu den erfolgreichen inhabergeführten Familienunternehmen in der deutschen Arzneimittelindustrie und sieht sich als „typischer Repräsentant des für Deutschland wichtigen Mittelstands“.