Lüdenscheid/Märkischer Kreis. Schwere Vorwürfe erhebt die IG Metall (IGM) Märkischer Kreis gegen die Linden GmbH in Lüdenscheid: Der Kunststoffveredeler und Automotive-Zulieferer an der Kalve verstoße gegen „getroffene Vereinbarungen“. Das Unternehmen hat am Samstag (4. April) damit begonnen, Teile des Maschinenparks an der Kalve abzubauen und wegzuschaffen. Für die Gewerkschaft und den Betriebsrat ein Vorgang ohne Rechtsgrundlage, ein Abbau von Arbeitsplätzen – und eine Kampfansage.
Linden-Betriebsratsvorsitzender Günter Jütte spricht gegenüber LOKALSTIMME.DE von „betriebsverändernden Maßnahmen“; Betriebsrat und Gewerkschaft, die beide am Samstag an der Kalve vor Ort waren und in einer Mischung aus Wut, Fassungslosigkeit und Entsetzen zuschauen mussten, wie das Unternehmen Fakten schaffte, kündigten an, rechtlich dagegen vorzugehen. Ein Problem dabei am Samstag: „Wir bekommen heute keine einstweilige Verfügung mehr“, so Torsten Kasubke, zweiter Bevollmächtigter der IGM. Überhaupt: Dass die Aktion nicht nur an einem Samstag, sondern gerade jetzt, in Zeiten von Kontakt- und Veranstaltungsverbot wegen der Corona-Pandemie, angelaufen ist, die es der IGM unmöglich machen, eine Streik- oder Protestkundgebung durchzuführen, werfen sie der Linden-Geschäftsführung als Vorsatz und Taktik vor. Die Geschäftsführung habe „die Situation ausgenutzt, um harte Fakten zu schaffen“.
Vorwurf der „kriminellen Handlung“
Zwar räumte IGM-Bevollmächtigter Kasubke ein, dass der Betriebsrat Kenntnis davon hatte, dass Maschinen abgebaut und abtransportiert werden sollen, es habe aber darüber „keine Einigung“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern gegeben. Vielmehr gebe es eine Vereinbarung über Kurzarbeit, die eine Verlagerung ausschließe. Betriebsrat Jütte sprach daher auch davon, dass die Aktion „in Richtung kriminelle Handlung“ gehe. Nach Einschätzung von Jütte hängen an den am Samstag abgebauten Maschinen 30 der rund 170 Arbeitsplätze.
Der Betriebsratschef befürchtet, dass auch am Linden-Standort an der Nottebohmstraße Maschinen weggeschafft werden sollen.
Polizeieinsatz am Werksgelände
Auch die Polizei kam zum Einsatz; in einem Fall verhalf sie Betriebsrat und Gewerkschaft nach deren Angaben dazu, überhaupt Zutritt zum Betriebsgelände zu bekommen. Den Arbeitnehmervertretern war dies zuvor offenbar versagt worden.
EU-Fördergelder für Entwicklungsprojekt
Die Linden GmbH ist ein Spezialist für die Behandlung von Kunststoffoberflächen und liefert Zierleisten, Dekorblenden, Embleme oder Schriftzüge für die Automobilindustrie; die Kunststoffbauteile kommen im Innenausbau der Autos sowie an der Karosserie außen zum Einsatz. Linden gilt zudem als eines der ältesten Unternehmen der Bergstadt, das in seinen Anfängen auf das 18. Jahrhundert zurückgeht. Zuletzt hatte das Unternehmen für ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem Kunststoff-Institut der mittelständischen Wirtschaft (KIMW) in Lüdenscheid und dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik Aachen Fördergelder der Europäischen Union (EFRE-Programm) erhalten; das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen.
Heute gehört die Lüdenscheider Linden GmbH zur Heinze-Gruppe in Herford (Ostwestfalen); die Gruppe hat nach eigenen Angaben mehrere Tochtergesellschaften (u. a. in Bad Salzuflen, Wiesbaden, Oberlungwitz/Sachsen sowie in der Schweiz und in Tschechien), hat 13 Standorte und insgesamt 1.100 Mitarbeiter. Ein Unternehmensverantwortlicher wollte am Samstag vor Ort keine Stellungnahme gegenüber LOKALSTIMME.DE abgeben.
Von Björn Braun und Carsten Menzel