Altena. Es ist die erste Geschäftsaufgabe in Altena in der Zeit der Einschränkungen durch die Corona-Krise: Die Tabakbörse Schlippe in der Passage im Stapel-Center schließt zum 15. April. Nicht wegen der Corona-Krise – aber der durch die Aufforderung an die Menschen, zu Hause zu bleiben, ausgelöste Umsatzeinbruch gibt offenbar den Ausschlag für die Geschäftsaufgabe.
Mit sehr persönlichen und offenen Worten verabschiedet sich das Inhaber-Ehepaar, Andrea und Bernd Schlippe, dieser Tage von ihren Kunden. „Am Ende soll ein großer Dank stehen. Ein großer Dank denen, ohne die es unsere Tabakbörse nicht gäbe: Unseren Kunden!“, sagen die Inhaber, die schweren Herzens Mitte des Monats beenden, was sie vor mehr als 30 Jahren in der Burgstadt begonnen haben.
Schritt in die Selbstständigkeit gewagt
„Als junges Ehepaar suchten wir eine neue, gemeinsame Herausforderung und wollten unsere Zukunft auch beruflich gemeinsam gestalten“, erinnern sich die Schlippes an die Anfänge. Ein Tabakwarenfachgeschäft in Altena sollte den Weg in die Selbstständigkeit ebnen. „Wie sich die Dinge manchmal so fügen, bekamen wir die Möglichkeit, eine Lotto-Annahmestelle in der Kirchstraße zu übernehmen. Wir erkannten, dass dies unsere Chance war und wagten den Schritt in die Selbständigkeit mit dem Bewusstsein, dass dieser Schritt prägend für uns sein wird. Selbständigkeit heißt für uns vor allem Verantwortung, Mut und Weitsicht“, so die Inhaber.
Verantwortung, Mut und Weitsicht sei in den folgenden drei Jahrzehnten – „bewegte Zeiten“, wie Schlippes festhalten – immer wieder gefragt gewesen. Etwa als es das Geschäft nicht nur in der Kirchstraße, sondern auch in der Vorkassenzone des damaligen Allkauf-Supermarkts im Stapel-Center gab. „Dieser Schritt wäre uns sicherlich schwerer gefallen, wenn wir nicht auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten zählen können“, blicken Andrea und Bernd Schlippe zurück.
Zeit der großen Ungewissheit
„Mutig mussten wir dann eine Entscheidung treffen, als Allkauf den Standort aufgab“, erinnern sich die Geschäftsleute, und sie den Schritt in die Passage des Stapelcenters, in eine Baustelle, wagten. Bei aller Zuversicht sei diese Zeit von einer „großen Ungewissheit“ begleitet: „Wir waren froh, als Toom eröffnete und sich das Stapelcenter mit neuem Leben füllte.“
Doch die Geschichte schien sich vor drei Jahren zu wiederholen: „Wieder standen wir vor der Frage, wie es mit der Tabakbörse Schlippe in Altena weitergeht. Die Schließung des Toom-Marktes war, wie für viele Altenaerinnen und Altenaer ein großer Schock“, blickt das Duo zurück.
„Arbeitswoche mit sieben Tagen“
„An dieser Stelle hieß es für uns, Weitsicht zu zeigen“: Diese Zäsur sei nur zu verkraften gewesen, indem die Inhaber ihrer langjährigen Mitarbeiterin kündigten – und sogar noch weiter gingen: Um die Verluste, die durch die Schließung von Toom als Ankermieter im Stapelcenter und den damit einhergehenden Rückgang an Kunden, aufzufangen, nahmen die beiden noch eine weitere berufliche Tätigkeit abseits des Einzelhandels auf. Das Ehepaar spricht von einer „deutlichen Mehrbelastung“ und einer „Arbeitswoche von sieben Tagen“.
Mit der Entscheidung gerungen
Jetzt habe es wieder geheißen, mutig und mit Weitsicht eine Entscheidung zu treffen. Das Ergebnis: „Wir werden die Tabakbörse Schlippe zum 15. April 2020 schließen“. Durch die Corona-Krise und ihre Folgen sei die „Zukunft als selbstständige Kleinunternehmer nochmals ungewisser geworden“. Sie hätten mit dieser Entscheidung gerungen, aber nur mit der Aufgabe der „Verantwortung der beruflichen Selbständigkeit“ sei es möglich, „auch die eigene Lebensqualität wieder zu steigern“. Und dann kommt ein bemerkenswerter Satz für Geschäftsleute: „Wir sind der festen Überzeugung, dass Geld am Ende nicht alles ist…“. Die Feststellung lässt erahnen, wie dramatisch die Situation sich für die Inhaber zugespitzt haben muss.
Mit der Schließung der Tabakbörse Schlippe verliert das Stapel-Center weiter an Geschäftsbesatz; die Passage droht zur lebensfeindlichen Zone für Läden zu werden und zum dunklen Durchgang zu verkommen, der keine Kunden anlockt, sondern eher abweisend wirkt. Mit der Schließung verliert die Innenstadt aber auch ein weiteres, inhabergeführtes Geschäft – die Erosion im Altenaer Einzelhandel geht weiter.
„Mehr als nur ein Geschäft“
Die Feststellung von Andrea und Bernd Schlippe, dass auch die Kunden dazu beigetragen hätten, dass ihre Tabakbörse „mehr als ein Geschäft“ war, ist übrigens durchaus zutreffend: Kaum einer, der nur kam, um etwas zu erwerben; es gab nahezu immer ein kurzes Gespräch, einen flotten Wortwechsel, einen netten Spruch zwischen Käufer und Verkäufer.
„Wir möchten uns auch bei unserer Familie, unseren Kindern Anna und Peter und unseren Freunden bedanken, die uns die Jahre hindurch mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben und es auch weiterhin tun“, sagen Andrea und Bernd Schlippe. Die Kunden haben jedenfalls noch rund zehn Tage Zeit, sich von der Tabakbörse Schlippe, ihren Inhabern und nicht zuletzt von „Bruno“, dem gutmütigen, vierbeinigen Ladenhüter zu verabschieden, bevor 31 Jahre Selbstständigkeit und Teil der Altenaer Einzelhandelsgeschichte zu Ende gehen.