Altena. Im sozialen Netzwerk Facebook wird aktuell wieder über die Innenstadt von Altena diskutiert. “Leichenhalle”, “Hier gibt es doch nichts mehr”, sind nur einige der Aussagen dort. Nur Altena hat noch ein anderes großes Problem, nicht “nur” eine sterbende Innenstadt! Nachgedacht von Björn Braun:
Bei jeder kleinsten Möglichkeit wird die Stadt kaputt geredet. Ich habe mir sagen lassen, das ist schon sehr lange so. Auch als es noch mehr Geschäfte, zum großen Teil inhabergeführt, in der Innenstadt gab. Die Altenaer sollen schon damals zum Einkaufen lieber in andere Städte gefahren sein. Warum ist das so gewesen? Ich vermisse in Altena ein „Wir-Gefühl“. Eine Stadt kann nur funktionieren, wenn die Einwohner ihre Stadt mögen und an sie glauben.
Als ich 2013 nach Altena gezogen bin, da haben mich viele Altenaer gefragt was ich denn hier will und warum ich freiwillig nach Altena ziehen würde. Nach meiner Antwort „Weil es hier schön ist und Altena viel zu bieten hat“, guckte ich in verdutzte Augen. Die Altenaer sind betriebsblind, dachte ich damals! Spricht man mit Touristen dann hört man diese sehr häufig von Altena schwärmen. “Das sieht ja schön aus mit der Burg und dem Fluss” oder “Als wir da an der Tankstelle (gemeint ist die in Nachrodt; Anm. d. Red.) auf diese Berge zu fuhren, wir dachten wir fahren ins Allgäu”.
Dabei gibt es viele schöne Ecken in Altena. Zum Beispiel wenn man bei schönem Wetter vom Parkdeck am Rathaus hinauf zum Drescheid wandert. Eine herrliche Landschaft und eine abwechslungsreiche Natur ist dort zu erleben, wie auf den vielen weiteren Wanderwegen die Altena zu bieten hat.
Wir haben in Altena weit über die Stadtgrenzen hinaus ein beliebtes Kino. Man muss nur mal auf die Kennzeichen der Autos achten, die Abends dort auf den Parkplätzen stehen. Ebenso bei schönem Wetter an unseren Lenneterrassen ist dies zu beobachten. Der mit EU-Mitteln geförderte Erlebnisaufzug lockt, neben der Burg Altena, viele Touristen in die Stadt. Der Wohnmobilstellplatz an der Sauerlandhalle wird auch gut und gerne genutzt.
Aber viele Altenaer kennen ihre Stadt auch noch aus ganz anderen Zeiten und hätten sie auch gerne so belebt wie vor der Jahrtausendwende. Nur lebten z.B. 1970 insgesamt 32.000 Einwohner hier. Die Infrastruktur von damals ist heute auch ein großes Problem. Die 900 Meter lange Innenstadt ist für die heutigen Einwohnerzahlen von ca. 17.000 Einwohnern viel zu groß. Zum Vergleich, der Dortmunder Westenhellweg durch die Innenstadt ist gleich lang. Die Haupteinkaufsstraße in Iserlohn, die Wermingser Straße, ist mit 450 Meter nur halb so lang wie die Altenaer. Und Iserlohn hat ca. 95.000 Einwohner.
Von den großen Fabriken, die hunderte Arbeitsplätze boten, sind viele heute leer und zerfallen. Die Kaufkraft in Altena ist durch den drastischen Einwohnerschwund, der mit dem Weggang von großen Arbeitgebern verbunden ist, sehr stark gesunken und somit stimmt auch leider der Branchenmix in der Innenstadt nicht mehr.
Ich würde mir wünschen, dass trotz alledem die Altenaer mehr auf die guten Dinge blicken, positiver über die Stadt reden. Dinge gemeinsam anpacken, um Altena wieder nach vorne zu bringen. Das können nur alle gemeinsam schaffen, jeder einzelne kann mithelfen, denn eine Stadt kann nur so gut sein, wie Ihre Einwohner es zulassen.
Vereinswelt leidet ebenfalls
Wenn man sich zum Beispiel die Vereinswelt anschaut, egal in welcher Art von Vereinen man blickt, es fehlen überall Leute die anpacken und mithelfen. Vereine fusionieren um überleben zu können. Der Mensch ist, seitdem Smartphones und Co sie fest im Griff haben, fauler und träger geworden, engagiert sich viel weniger fürs Gemeinwohl. Aber damit verliert eine Stadt so viel an Lebensqualität.
Altena hat alle drei Jahre ein wunderschönes großes Schützenfest. Viele Altenaer sind schon Monate vorher mit den Vorbereitungen beschäftigt. Gesellig geht es Samstag für Samstag in den einzelnen Kompanien beim Kronenbinden zu. Alle haben das große Ziel vor Augen, das Schützenfest. Ein unglaublich starkes Wir-Gefühl ist unter den Schützen zu beobachten. Die Altenaer sind Stolz auf Ihr Schützenfest. Wäre es nicht toll, wenn sich dieser Stolz auf die Stadt überträgt?
Es ist Zeit gemeinsam an der Zukunft zu arbeiten. Auf der einen Seite die Bürger und auf der anderen Seite die Verwaltung mit der Politik. Mit Hilfe von Smartphones und Co kann man sich vernetzen, Ideen sammeln, sich gegenseitig absprechen, um zu helfen. Es wäre doch besser Visionen zu entwickeln und umzusetzen, somit Probleme zu lösen, anstelle von Niedermachen, Rumpöbeln und Miesreden.
Ein kleiner erster Schritt kann sein, in dem man die Menschen, die einem entgegenkommen grüßt und nicht die Steine auf dem Boden „zählt“ oder starr auf das Smartphone schaut. Ein Lächeln verändert so viel und die meiste Reaktion von gegenüber ist ebenfalls ein Lächeln. Die Vereine freuen sich über neue und alte Mitglieder. Wenn sich wieder mehr aktiv am Stadtleben beteiligen, wäre auch ein wichtiger Schritt getan. Es gibt da draußen so viel zu erleben.
In meinen Augen haben wir in Altena nur zwei Optionen. Entweder wir schauen Altena beim Sterben zu und bemitleiden uns wie schlecht doch alles ist oder aber wir holen den Notfallkoffer raus und beginnen mit der Reanimation von Altena! Und in meinen Augen ist Aufgeben keine Option. Man lässt keine Menschen und Tiere freiwillig sterben und auch seine Stadt bitte nicht.