Altena. Die Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft braucht einen neuen Chef: „Das war meine letzte Rede im Bungern als Hauptmann. Es war mir eine Ehre.“ Mit diesen zwei Sätzen kündigte Klaus Hesse am Samstagnachmittag (10. Juni) am Ende seiner Ansprache zum Schützenfest-Samstag seinen Rückzug an. Hesse wird nicht erneut als Hauptmann zur Verfügung stehen. Damit muss die Schützengesellschaft auf der Generalversammlung im Oktober einen Nachfolger wählen.
Die versammelten Schützen und Zuschauer im und rund um den Bungerm klatschen, von Kompanieführer Alexander Grass „nach einer Schrecksekunde“ angeheizt, kräftig Beifall als Dankeschön für die von Hesse geleistete Arbeit. „Du bist der Teamspieler, das hier sind Deine Leute!“, rief Grass Hesse zu.
Klaus Hesse, Geschäftsführer des gleichnamigen, familieneigenen Drahtwerks in der Rahmede, nannte keinen konkreten Grund für seinen Rückzug. In seiner Ansprache ließ sich aber durchaus heraushören: Es liegt keineswegs an den Schützen in Altena und ihrer Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft, dessen Hauptmann schon Hesses Vater, Hans-Jürgen Hesse, war. Der scheidende Hauptmann sparte vielmehr nicht mit Kritik an den überbordenden Vorschriften und der Bürokratie, die aus seiner Sicht überhand genommen haben. „Es wird bald unmöglich, dass Amateure, und das sind wir, eine Großveranstaltung planen und ausrichten“, warnte Hesse in Richtung der politischen Entscheider. Die Politik solle sich um die wichtigen und großen Dinge und die Belange der Mehrheit kümmern, aber „nicht vorschlagen, wann wir uns mit einem Waschlappen waschen sollen, oder sagen, wie wir Transgender-gerecht schreiben“, sagte Hesse unter großem Beifall.
Ein “Wahnsinn” an Auflagen und Bürokratie
Zuvor hatte er die hohen Auflagen und Vorgaben, die der FWG auferlegt wurden, als „Wahnsinn“ kritisiert. Um das Königsschießen wie gewohnt von der Werdohler Straße aus über die Lenne ausrichten zu können, habe die Gesellschaft zuletzt Landrat Marco Voge eingeschaltet, der schließlich geholfen habe. „Warum müssen wir eine Bundesstraße einseitig sperren lassen, während andere Schützen- oder Karnevalsvereine ohne Sperrung über eine Bundesstraße ziehen dürfen?“, so Hesse. „Ist das wirklich nötig und wo soll das noch hinführen?“, mahnte Klaus Hesse weniger Bürokratie an.
Zuvor hatte Klaus Hesse seinen Vorstandskollegen gedankt und schon dabei deutlich gemacht, wie viel Arbeit und Aufwand in der Organisation des Festes mittlerweile stecken: für den Adjutanten Jörg Nielsen, der sich um Zelt und Musik kümmert und „sein eigenes Geschäft in den zurückliegenden Monaten maximal als Nebenberuf betreiben konnte“, Rendant und frischer Ehrenscheffe Ulrich Wirthsmann, der die Finanzen führt, Schriftführer Frank Henkel, der im Vorfeld des Festes „mehr als 200 Seiten“ an Schriftverkehr erledigt habe, und an Fähnrich Hendrik Bierwirth, der sich um den Schießstand und die Genehmigung gekümmert habe.
Grün-weißes Gen mit in die Wiege bekommen
In seinen Dank schloss Hesse ausdrücklich das Altenaer Ordnungsamt um deren Leiterin Lisa Pflüger, die Polizei um Wachen-Chef Naumann, den Baubetriebshofleiter Groppe („Die hatten keine Schilder mehr, weil hier schon so viele an den Straßen stehen“) und die Hilfsorganisationen ein.
„Du dankst immer allen, jetzt bist Du mal dran“, ergriff spontan Alexander Grass, Kompanieführer der Freiheit, das Mikro und forderte einen Beifallssturm für den scheidenden Hauptmann – den die Schützen auch gebührend lieferten.
Klaus Hesse hat das grün-weiße Gen praktisch mit in die Wiege gelegt bekommen: Sein Vater wird 1976 Schützenkönig und übernimmt anschließend von Otto Lüling die Führung der FWG für die Feste von 1979 bis 2000. Klaus Hesse wird 2006 Schützenkönig und ist seit der Generalversammlung 2012 Hauptmann der FWG. Er hat dabei die Traditionsgesellschaft erfolgreich weiter in die Moderne geführt. Sein vielleicht größter Verdienst: Klaus Hesse hat es geschafft, die ältere Generation mitzunehmen und gleichzeitig die Jugend anzusprechen und zu begeistern.
Nachfolger vor Jubiläumsfest 2029
Jetzt hat die FWG bis zur Generalversammlung am Freitag, 27. Oktober, Zeit, einen Nachfolger für Hesse zu suchen und zu finden. Keine leichte Aufgabe für die Gesellschaft und den Neuen: Der künftige Hauptmann hat mit dem Fest in drei Jahren Zeit, sich einzuarbeiten in den Job und auf das große vorzubereiten – das Jubiläum 600 Jahre Friedrich-Wilhelms-Gesellschaft im Festjahr 2029.
Fotos: Carsten Menzel