Altena. Wer folgt Andreas Hollstein als Bürgermeister nach? – Nach dem Verzicht des CDU-Politikers auf eine erneute Kandidatur bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 ist das die Frage, die seit Dienstag viele Menschen in der Stadt umtreibt. In den Reihen der Parteien, die im Stadtrat vertreten sind, ist diese Frage noch weitgehend unbeantwortet. Es könnte bei der Kandidatenkür zu interessanten, politischen Farbspielen kommen: Schwarz-Grün einerseits. Und womöglich Rot-Rot-Gelb auf der anderen?
Andreas Hollstein hatte am Montagabend auf einer Sitzung der CDU-Fraktion seine Partei über seinen Rückzug im Herbst 2020 informiert, bevor er am Dienstagmorgen den Weg in die Öffentlichkeit ging und in einer Mitteilung seinen Verzicht bekannt gab. Danach war Hollstein bereits auf dem Weg in die USA. Nach Washington.
“Ich kann seine Entscheidung nachvollziehen und halte sie aus seiner Sicht auch für richtig”, sagt Uwe Scholz, ehemaliger CDU-Fraktionschef in Altena und langjähriger Weggefährte von Hollstein auf Nachfrage von LOKALSTIMME.DE; Scholz und Hollstein hatten im Wesentlichen den Wahlkampf 1999 gemeinsam geführt, der der CDU die Wachablösung in der Burgstadt brachte: Nach vier Jahrzehnten war die SPD-Hochburg Altena, wie viele rote Rathäuser in Nordrhein-Westfalen bei dieser Wahl, gefallen. Die Union wurde stärkste Fraktion im Altenaer Stadtparlament und ihr Kandidat Andreas Hollstein wurde gleich im ersten Wahlgang zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister der Burgstadt gewählt – mit 58 Prozent der Stimmen. Wie es nach dem jetzt eingeläuteten Ende dieser Ära im Rathaus weiter geht, dazu möchte sich Scholz, der sich aus der ersten Reihe der CDU-Mannschaft inzwischen zurückgezogen hat, nicht mehr äußern; das sei Aufgabe der jetzt politisch Verantwortlichen in der CDU.
Kein externer Kandidat
“Es ist noch ein Jahr Zeit bis zur Kommunalwahl”, zeigt Björn Uhr, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands den Zeitrahmen auf; Uhr kündigt an, dass “bis zum Jahresende der Kandidat der CDU” feststehe. – “Ich hatte gehofft, dass Andreas Hollstein noch fünf Jahre weitermacht”, sagt CDU-Fraktionschef Uwe Kober gegenüber LOKALSTIMME:DE. Kober weiter: “Es gibt Alternativen. Die müssen wir ausloten.” Klingt noch nach wenig Festlegung auf eine konkrete Person – und auch ein bisschen nach Überraschung über Hollsteins Schritt.
Was für den Stadtverbandsvorsitzenden Uhr wohl nicht in Frage kommt, ist auf einen externen Kandidaten zu setzen. “Ich denke nicht, dass wir einen Kandidaten von außerhalb holen müssen”, urteilt Björn Uhr und verweist darauf, dass die CDU “personell gut und stark” aufgestellt sei. “Andreas Hollstein hat Altena geprägt, aber das hat er nicht ganz alleine gemacht. Der Rat der Stadt war in den letzten Jahren sehr homogen”, stellt Uwe Kober die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit heraus – und deutet damit eine Möglichkeit an: ein gemeinsamer Kandidat, auf den sich mehrere Parteien verständigen. Aus der Zusammenarbeit der vergangenen Jahre im Rat könnte dieses Angebot zumindest in Richtung der Grünen gemeint sein – und dort auf Zustimmung stoßen.
Grüne loben Zusammenarbeit
“Schwierig”, sagt nämlich Lutz Vormann, Ortsvereins- und Fraktionsvorsitzender der SPD, zu der Idee eines gemeinsamen Kandidaten. Begeisterung klingt anders. Vormann verweist auf die nächste Vorstandssitzung der Altenaer Sozialdemokraten und eine Klausurtagung, die im November stattfindet; dabei werde das Thema Kommunal- und Bürgermeisterwahl breiten Raum einnehmen. Worauf sich Vormann schon jetzt festlegt: “Der Kandidat oder die Kandidatin sollte aus Altena kommen.” Das Experiment, einen externen Bewerber in die Wahl zu schicken, will die SPD demnach nicht wiederholen; sie war bei der vergangenen Wahl mit ihrem Hollstein-Herausforderer aus Hemer-Ihmert hoffnungslos unterlegen. Den Verzicht von Hollstein kommentiert Vormann so: “Das ist seine persönliche Entscheidung, die ich respektiere.”
Auf den Faktor Zeit setzen auch die Grünen. Was bedeutet der Verzicht von Amtsinhaber Hollstein für die nächste Bürgermeisterwahl? “Soweit sind wir noch nicht, das zu beantworten”, erklärt Grünen-Fraktionschef Oliver Held; jetzt sei noch nicht der Zeitpunkt, sich dazu zu äußern. Held und die Grünen-Ortsverbandsvorsitzende Judith Köster danken viel mehr Andreas Hollstein “für die gute Zusammenarbeit der vergangenen zwei Jahrzehnte” und würdigen Hollsteins Arbeit und die Zusammenarbeit mit ihm: Er habe “erkennbar mit Tatkraft und Freude die Gestaltung der Stadt, gemeinsam mit dem Rat, sichtbar vorangetrieben”. Außerdem habe Hollstein “maßgeblich mit dafür gesorgt, dass der Name unserer Stadt mit Weltoffenheit und Hilfsbereitschaft gegenüber geflüchteten Menschen” in Verbindung gebracht werde.
Innenminister legt Wahltermin fest
“Ich habe vor der vergangenen Wahl mit seinem Rückzug gerechnet – nicht jetzt”, sagt Ulrich Biroth, Ratsherr für die Wählervereinigung SDA (Soziale und demokratische Alternative) zur Hollstein-Ankündigung. Die SDA werde im Herbst 2020 keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken, kündigt Biroth an, der sich Gesprächen über einen parteiübergreifenden Kandidaten offen gibt. Die Wählervereinigung SDA versteht sich als politische Kraft links der SPD.
„Für mich kam die Ankündigung insofern überraschend, weil Herr Dr. Hollstein in einer der letzten Sitzungen angedeutet hat, noch einmal zu kandidieren. Er hat Altena ja durchaus erfolgreich nach vorne gebracht, deshalb hätte ich mir auch inhaltlich eine weitere Kandidatur vorstellen können“, so Bernhard Diel von der FDP. „Es kommt sehr auf den Kandidaten an. Bisher haben wir als Ortsverband keinen Kandidaten aktiv unterstützt; aber auch für uns ist die Idee neu und wir werden das noch besprechen.“
Die nächste Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen findet am 13. September 2020 statt; diesen Termin hat Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstagabend in Düsseldorf bekannt gegeben. Bei der Kommunalwahl werden die Stadträte, (Ober-)Bürgermeister, Landräte und Kreistage gewählt. Wahlberechtigt sind dabei auch 16- und 17-Jährige; wer für ein Amt oder Mandat kandidiert (passives Wahlrecht), muss allerdings 18 Jahre alt sein. Bei den Bürgermeister- und Landratswahlen gibt es keine Stichwahl mehr: Wer im ersten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen erzielt, ist gewählt; bislang war eine Mehrheit von 50 Prozent der abgegebenen Stimmen notwendig. Schaffte dies kein Bewerber im ersten Wahlgang, fand nach zwei Wochen eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten des ersten Wahlgangs statt. Gegen die Abschaffung der Stichwahl, die der Landtag mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen hatte, läuft derzeit eine Klage von SPD und Grünen.
Von Carsten Menzel und Björn Braun