Märkischer Kreis. (pmk). Die Übergriffe auf Rettungskräfte nehmen zu. Der Kreis reagiert jetzt konsequent mit Anzeigen wegen Körperverletzung. Sie werden geschlagen, getreten, gebissen und gewürgt.
Sie werden beleidigt, beschimpft und nicht selten massiv bei ihrer Arbeit behindert. Dabei wollen sie nur Menschen helfen. Manchmal geht es sogar um Leben und Tod. Die Rede ist von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen und der Polizei. „Es gibt uns gegenüber einfach keinen Respekt mehr“, sagt der Leiter der Rettungswache Balve des Märkischen Kreises, Rupert Heidsick. Der 48-Jährige und viele seiner 18 Kolleginnen und Kollegen haben es in der jüngsten Vergangenheit mehrfach erlebt, wie gefährlich Einsätze auch für ihre eigene körperliche Unversehrtheit sein können. Und die Übergriffe nehmen zu.
Rettungsassistent Matthias Drenkelfuß erinnert sich noch gut an einen Einsatz, als er mit seinem Kollegen nach Neuenrade-Affeln gerufen wurde. „Dort hatte eine junge Frau auf einer Party offensichtlich zu viel Alkohol und Drogen konsumiert. Sie war vor der Tür kollabiert. Als wir helfen wollten, hat sie um sich geschlagen und getreten. Die Dame war völlig hysterisch“, erzählt der Garbecker. Im Krankenhaus bedurfte es sieben Personen von Polizei, Rettungsdienst und Pflegepersonal, um die Dame ruhig zu stellen. Wegen der Tritte und den daraus resultierenden blauen Flecken stellte der Märkische Kreis Strafanzeige wegen Körperverletzung.
„Wir lassen uns das nicht mehr gefallen. Bei solchen Vorfällen wird künftig Anzeige erstattet. Wir haben auch eine Fürsorgepflicht unseren Rettungskräften gegenüber“, so Guido Thal, Leiter des Regiebetriebes Rettungsdienst beim Märkischen Kreis. Anzeige erstattet wurde auch in einem anderen Fall. Da wurden die Rettungsassistenten zu einem Einsatz nach Neuenrade-Küntrop gerufen. Dort war ein Streit zwischen Eheleuten eskaliert. „Vorsicht, da geht es noch rund“, hatte Martin Brendt seinen Kollegen noch auf der Terrasse gewarnt. Eine Frau hatte kurz vorher erfahren, dass ihr Mann fremdgeht. Da war es nicht bei der verbalen Auseinandersetzung geblieben. „Als mein Kollege die Frau versorgen und beruhigen wollte, biss sie ihn heftig in den Unterarm. Das ging durch die dicke Jacke. Dann mischte sich auch noch der Vater der Frau ein. Er nahm den Kollegen in den Schwitzkasten und würgte ihn.“ Das sei alles so rasend schnell gegangen, erinnert sich Martin Brendt. „Der Kollege war anschließend vier Wochen krankgeschrieben“, fügt Wachenleiter Rupert Heidsick hinzu. Die Einsätze, bei denen es stressig wird, häufen sich. Das sagen alle Rettungsassistenten der Balver Wache und sprechen auch für ihre Kolleginnen und Kollegen an den anderen Standorten. Die Statistik gibt ihnen Recht. Erst unlängst war ein DRK-Helfer auf der Mendener Pfingstkirmes von einem Aussteller massiv angegangen worden.
„Und auf den Autobahnen herrscht richtig Krieg“, erinnert sich Andreas Potthöfer. Der 47-Jährige war lange in der Rettungswache des Kreises in Meinerzhagen eingesetzt, bevor er nach Balve wechselte. „Entweder fahren sie langsam an einem Einsatzort vorbei, um zu gaffen und Handyfotos zu machen, oder sie rasen derart schnell an einem vorbei, dass man ernsthaft gefährdet wird“, so Potthöfer. „Autobahn ist Stress pur“.
Respekt vor den Einsatz- oder Hilfskräften? Das ist offenbar ein Fremdwort. „Schäden an den Fahrzeugen sind keine Seltenheit“, weiß Wachenleiter Heidsick. Vor dem Kaufpark wurde ein Rettungstransportwagen mit Eiern beworfen. Dass sie bei Einsätzen an Silvester mit Feuerwerkskörpern beworfen oder mit Raketen beschossen werden, gehört längst zum Einsatzrisiko. „Dabei sind wir vom Rettungsdienst aus Sicht von vielen noch die Guten, die vermeintlich Bösen sind die Kollegen von der Polizei“, so Heidsick.
Was ist also zu tun? „Die Konsequenzen sind einfach zu gering, die so ein Verhalten gegenüber Hilfs- und Einsatzkräften hat. Sie müssten schneller erfolgen, sie müssten schärfer sein“, sind sich die Balver Rettungssanitäter einig. Sie machen sich aber keine Illusionen: „Das ist ein gesellschaftliches Problem. Der Respekt uns gegenüber und die Hilfsbereitschaft allgemein nehmen ab. Das ist schade, aber wohl nicht mehr zu ändern.“