Altena-Dahle/Münster. Die umstrittenen Windkraftanlagen auf dem Kohlberg an der Grenze zu Altenas Ortsteil Dahle dürfen weitergebaut und auch in Betrieb genommen werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster jetzt entschieden. Damit könnten sich die Windräder auf dem Kohlberg schon bald drehen.
Die Richter des 8. Senats des OVG haben mit der Entscheidung vom Freitag (2. Juli) den Baustopp, den das Gericht vor knapp einem Jahr – am 15. Juli 2020 – verhängt hat, zurückgenommen. Der Grund: Der Investor, die SL Naturenergie, hat angekündigt, die Anlagen zwischen Mitte Februar und Ende Oktober zunächst nur nachts betreiben und tagsüber abschalten zu wollen, um mögliche Gefahren für Vögel auszuschließen.
Auf insgesamt 13 Seiten erläutern die Richter des OVG den Ausgang der neuerlichen Abwägung, die einen Weiterbau und bei Fertigstellung auch einen Betrieb der Windräder ermöglicht.
Dabei spielt einerseits eine beantragte Änderungsgenehmigung der SL Naturenergie eine Rolle: Darin geht es darum, die Windkraftanlagen so auszustatten, dass sich die Rotoren zwischen 15. Februar und 31. Oktober jeweils verlässlich zwischen Morgen- und Abenddämmerung nicht drehen – die Anlagen also abgeschaltet sind. Die Windräder drehen sich also praktisch nur bei Dunkelheit – wenn Brut- und Rastvögel, insbesondere Rotmilan und Schwarzstorch, nicht mehr fliegen. Diese Änderungsgenehmigung hat SL Naturenergie am 1. April 2021 beantragt und am 6. Mai 2021 die Zustimmung dazu bekommen. Damit habe sich für das OVG eine neue gerichtliche Interessenabwägung ergeben, die zugunsten des Investors ausgefallen ist.
„Öffentliches Vollzugsinteresse überwiegt“
Auch halten die Richter die Auswirkungen des Baus der Windkraftanlagen auf die in der Umgebung liegenden Wasserschutzgebiete, darunter die Springer Quelle in Evingsen, in der bisherigen Umweltverträglichkeitsprüfung für „voraussichtlich nicht fehlerhaft bewertet“ – und die Prüfung hatte keine Nachteile für die Wasserschutzgebiete gesehen.
In der Gesamtabwägung überwiege jetzt „das öffentliche Vollzugsinteresse“ des Windkraftprojekts. Außerdem entstünden dem Investor, sollte auch im Hauptverfahren eine Genehmigung festgestellt werden, durch einen Bau- und Betriebsstopp „weitere irreversible wirtschaftliche Nachteile“ – soll heißen: Die finanziellen Folgen von Bau- und Betriebsstopp könnten für den Investor das Aus des Projekts bedeuten.
Die Entscheidung von Freitag ist eine Entscheidung im Eilverfahren; der Beschluss ist unanfechtbar. Das Hauptverfahren im Rechtsstreit um die Anlagen läuft weiter.
Das Unternehmen Enercon baut im Auftrag der SL Naturenergie auf den Höhen des Kohlbergs insgesamt sechs Windräder mit einer Höhe von rund 206 Metern. Zwei der Anlagen sind laut OVG fertiggestellt, die übrigen vier könnten „kurzfristig fertiggestellt werden“. Nach Fertigstellung dürfen die Windräder auch in Betrieb genommen werden. Die Anlagen entstehen auf Neuenrader Gebiet; das Projekt hat aber gerade in Altenas Ortsteil Dahle viele Gegner.