Altena. Die neu eröffnete Sonderausstellung „Hunde. Treue Gefährten des Menschen“ auf Burg Altena und im Deutschen Drahtmuseum bildet das Thema in all seinen Facetten ab und spart dabei auch die Schattenseiten eines Hundelebens früher und heute nicht aus. Davon haben sich am Eröffnungstag (12. November 2023) bereits die ersten rund 200 Besucher überzeugen können. Kuratorin Dr. Agnes Zelck war überwältigt von der Resonanz: „So viele Leute waren noch nie bei einer Sonderausstellungseröffnung.“
Zwei Jahre lang hat die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Märkischen Kreises, Dr. Agnes Zelck, akribisch recherchiert und Ausstellungsstücke rund um die Kulturgeschichte des Hundes gesammelt. Mit viel Liebe zum Detail und Sinn für Kurioses hat sie in zwei Sonderausstellungsräumen eine sehenswerte Ausstellung konzipiert. Bei der Umsetzung und dem Aufbau wurde Zelck von den Museumstechnikern Andreas Gerstendorf und Ralf Jelema sowie von Jens Münchoff, Stefan Graßing und Hartmut Teschner unterstützt.
„Mir war nicht bewusst, wie viel wir bereits in unserem Fundus zum Thema Hund aufzuweisen hatten. Aber eins ist sicher: Ohne die vielen Exponate der 39 teils öffentlichen, teils privaten Leihgeber wäre eine solche Ausstellung nicht möglich gewesen“, erklärte Kreisdirektorin Barbara Dienstel-Kümper in ihrer Eröffnungsrede. Die Einführung ins Thema oblag Dr. Agnes Zelck. Sie spannte einen weiten Bogen: Genetisch gelte der Wolf als Vorfahre aller rund 400 modernen Hunderassen. Bereits in der Steinzeit habe die Domestizierung begonnen. Die Tiere seien den Jägern und Sammlern gefolgt und hätten sich von ihren Abfällen ernährt. „Die Menschen wiederum hatten in den Hunden Fleisch- und Felllieferanten für Notzeiten in der Nähe“, erklärte Zelck. Nachdem der Mensch die ersten Wolfswelpen zu sich genommen und sie aufgezogen habe, sei die Beziehung enger geworden. Die Wolfshunde und die Menschen hätten begonnen gemeinsam zu jagen. Als der Mensch vor rund 10.000 Jahren sesshaft geworden sei, hätten sich die tierischen Begleiter dem neuen Lebensstil angepasst und seien nach ihren Qualitäten als Wachhund oder Jagdhund selektiert worden, berichtete Zelck.
Der Hund als Prestigeobjekt und Flohfalle
„Die moderne Rassenzucht nach einheitlichen Standards vor allem hinsichtlich optischer Merkmale nahm ihren Anfang Mitte des 19. Jahrhunderts in England“, führte Zelck weiter aus. Bis dahin sei ein Hund vornehmlich ein Nutztier gewesen. Das bis etwa 1800 herrschende Jagdmonopol des Adels habe Jagdhunde allerdings schon früh zum Statussymbol gemacht. Sie seien prestigeträchtige Geschenke zwischen den Adelshäusern und beliebtes Motiv in den Familienwappen und auf Porträts gewesen. Das Schoßhündchen adeliger Damen habe immer auch einen praktischen Wert gehabt: „Es wärmte und diente als Flohfalle, letzteres allerdings mit eher zweifelhaftem Erfolg“. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts habe auch das Großbürgertum begonnen, sich mit Hunden ausgewählter Rassen zu schmücken.
Heute zeichne sich die Beziehung des Menschen zu seinem Haustier oft durch eine enge Bindung aus, so Zelck weiter. „Die Fellnase ist Freund, zuverlässiger Begleiter, für einige Menschen auch Kind- oder Partnerersatz.“ Der hohe Stellenwert drücke sich auch wirtschaftlich aus: Für mehr als zehn Millionen Hunde gäben die Deutschen derzeit rund sechs Milliarden Euro jährlich aus, unter anderem für Futter, Bedarfsartikel, Hundesteuer, Kosten für Tiergesundheit, Tierbetreuung, Hundeschulen und vieles mehr.
»Die Ausstellung soll auch aufklären«
Aber auch die Schattenseiten hat die Kuratorin in der Sonderausstellung nicht ausgespart: „Knapp eine Million Hunde landeten zwischen 1905 und 1940 auf deutschen Esstischen. Noch 1974 existierten in München zwei Metzgereien mit Hundefleisch im Sortiment“, verdeutlichte Zelck. Ein Fleischbeschaustempel aus dieser Zeit belegt das. Für Hundekämpfe und natürlich für die Forschung habe der „beste Freund des Menschen“ leiden müssen. Qualzüchtungen von Rassehunden, die zu Deformationen führen und das Hundeleben stark beeinträchtigen, werden ebenfalls thematisiert. In der Ausstellung deutlich zu sehen an einem Mops-Schädel. „Die Ausstellung soll auch aufklären. Das war mir sehr wichtig“, unterstrich Agnes Zelck.
Extra eine Art Kabinett für abschreckende Bilder
Für das Thema Hunde in Versuchslaboren ließ die Kuratorin eine Art Kabinett einrichten – ein mit Stellwänden abgetrennter Bereich und einem Warnschild mit der Aufschrift: „Ausstellungsstücke und Fotos können verstörend wirken“. So könnten die Besucher vor dem Betreten entscheiden, ob sie das, was dort gezeigt wird, wirklich sehen wollen. Dort wird zum Beispiel an die Hündin Laika erinnert, die im November 1957 mit dem sowjetischen Forschungssatelliten „Sputnik 2“ ins All geschossen wurde. Sie war das erste Tier in einer Erdumlaufbahn. Der Tierversuch wurde für die Sowjetunion ein Propaganda-Erfolg im Kalten Krieg. Erst 2002 wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass Laika bereits einige Stunden nach dem Start der Rakete, vermutlich an Überhitzung und Stress, starb.
Auch die Bestattungskultur im Wandel der Zeit fehlt in der Ausstellung nicht. Stolz ist Dr. Agnes Zelck dabei besonders auf ein Objekt: Ein Hundeskelett eines sogenannten Bauopfers etwa aus dem Jahr 1160, das im Wohnturm der Ketzelburg im Spessart gefunden wurde und jetzt in Altena erstmals zu sehen ist.
Reich bebilderter Katalog zur Ausstellung
Noch bis zum 13. Oktober 2024 kann die Sonderausstellung zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Dienstag bis Freitag, 9.30 bis 17 Uhr sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Buchungen von Führungen, Infos zum Rahmenprogramm gibt es unter der Telefonnummer 02352/966 7034. Und wer tiefer in die Kulturgeschichte des Hundes einsteigen möchte, kann im Museumsshop den reich bebilderten Ausstellungskatalog für 13 Euro kaufen.