Altena. Günter Topmann, Altenas Alt-Bürgermeister, ehemaliger Bundestags- und Europaabgeordneter, ist tot. Der SPD-Politiker, der fast drei Jahrzehnte an der Spitze der Stadtpolitik stand, starb bereits am Montag vergangener Woche (19. August) im Alter von 90 Jahren in seiner neuen Wahlheimat Bielefeld. Topmann war eine der, wenn nicht sogar die prägende Persönlichkeit der Altenaer Stadtpolitik in den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren.
Es sind die Jahrzehnte der SPD-Dominanz in der Burgstadt. An der Spitze: Günter Topmann als Bürgermeister. Sein Markenzeichen: die Pfeife. Deshalb ist das schwarze Etui mit Tabak, Pfeifenreinigern und Stopfer sein steter Begleiter auf Terminen. Und er hat eine Vorliebe für trockene Weißweine, die er gerne mit einem Schuss Campari-Orangenbitterlikör versetzt.
Für Altena sind es Jahre wichtiger Weichenstellung in der Stadtentwicklung, die Topmann gemeinsam mit dem damaligen Stadtbaurat Hans Brettar und dem damaligen Verwaltungschef, Stadtdirektor Prof. Jürgen Gramke (1970 – 1978), einleitet und zu Ende führt.
Herausforderer scheitern reihenweise
Ende April 1970 wählt der Altenaer Stadtrat den damals 36-jährigen Sozialdemokraten Günter Topmann, eigentlich ein gelernter Schumacher, der später in den Polizeidienst wechselt und es bis zum Kriminalkommissar bringt, das erste Mal zum Bürgermeister. Es ist ein Ehrenamt. Der Bürgermeister leitet die Ratssitzungen, repräsentiert die Stadt. Die Verwaltung führt zu dieser Zeit der Stadtdirektor.
Bis 1999, bis zur Wahl des ersten hauptamtlichen Bürgermeisters, der die Aufgabe des Stadtdirektors mit übernimmt, und zu der Topmann nicht mehr antritt, bleibt der SPD-Mann an der Spitze der Stadt. Bis dahin scheitern die Herausforderer der oppositionellen CDU reihenweise.
Stimmgewaltig und rhetorisch brillant
Topmann wird nach der Amtsübernahme 1970 schnell bekannt, auch über die Grenzen der Burgstadt hinaus. Nicht nur wegen seiner rhetorischen Fähigkeit und seiner Stimmgewalt: Er will, dass die Menschen ihn nicht nur hören, sondern auch verstehen. Auf Einwohnerversammlungen lässt er die Bürger/innen zu Worte kommen, geht dabei aber auch keinem Rededuell aus dem Weg. Dabei ist Topmann stets Pragmatiker und an Lösungen interessiert, bemüht gerne mal das „Sauerländer Gebirgsrecht“, wenn ein Problem schnell und unbürokratisch durch die Verwaltung gelöst werden soll.
In Topmanns fast drei Jahrzehnten Amtszeit fallen wesentliche Entscheidungen zur Entwicklung der Burgstadt. Da ist die Zusammenlegung von Mädchen- und Jungengymnasium zum Burggymnasium mit dem Neubau an der Bismarkstraße. Oder der Bau der Sauerlandhalle als moderne Sportstätte. Am Nettenscheid entstehen Hochhäuser. Die Vision: Der Ortsteil soll einmal zur Satelliten-Stadt von Altena werden. Neben dem Rathaus entsteht das Behördenparkhaus. Überhaupt: Die Verkehrsinfrastruktur wird den Anforderungen der Zeit angepasst, was zur großen Innenstadtsanierung führt.
Auswege aus dem Verkehrsinfarkt
Mit dem Bau der Lenneuferstraße im Bett der Lenne Ende der 1970er-Jahre entsteht eine Parallelstrecke zu Lenne-, Kirch- und Freiheitstraße – teils enge Straßen, die sich Fußgänger und Autofahrer teilen müssen; erst mit der Lenneuferstraße kann die Burgstadt endlich eine Fußgängerzone in der Innenstadt einrichten. Drei große Brückenneubauten gehören zum Verkehrskonzept: die Linscheid-, die Fritz-Berg- und die Pott-Jost-Brücke. Die drei neuen Brücken sind so gebaut, dass sie über die Eisenbahnstrecke führen; es gibt damit keine Bahnübergänge mehr und keine Wartezeiten und Rückstaus an geschlossenen Schranken – und die rot-weißen Barrieren waren häufig unten. Eine Situation, die unweigerlich zum Verkehrsinfarkt geführt hätte.
Stapel und Iserlohner Tor fallen dem Bagger zum Opfer
Die Stadtsanierung der Topmann-SPD ist allerdings nicht unumstritten. Wichtige, historische Gebäude und damit viel Charme einer schmucken Kleinstadt gehen verloren: Der Stapel an der Marktstraße fiel dem Neubau des Bungernzentrums zum Opfer, das Iserlohner Tor an der unteren Iserlohner Straße dem Bau der Fritz-Berg-Brücke, ganze Häuserzüge der Lindenstraße der Pott-Jost-Brücke. „Stadtsanierung = Stadtplanierung“ lautete der wütende Protest, den ein Gegner dieser Politik damals mit roter Sprühfarbe auf die Wand des Iserlohner Torbogens gesprayt hatte. Zeiten des Aufbruchs bleiben nie ohne Widerspruch.
Seinen Abschied aus dem Amt 1999 hat Günter Topmann nie bereut. „Ich wollte die Entscheidung, wann ich das Amt abgebe, selbst treffen“, bekräftigt Topmann im Herbst 2020 im Gespräch mit LOKALSTIMME.DE und stellt dankbar fest: „Ich bin nie abgewählt worden.“
Bundestagswahl 1983: Eine Niederlage, die schmerzte
Topmann war zusätzlich zum Bürgermeister-Amt auch von 1976 bis 1983 Bundestagsabgeordneter für den damaligen Wahlkreis Lüdenscheid/Altena. Als es nach der Wende im Herbst 1982, nachdem die FDP die sozial-liberale Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt verlassen hat und mit der CDU eine neue Regierung bildet, im März 1983 zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, verliert Topmann das Mandat gegen den Herausforderer Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) von der CDU. Eine Niederlage, die Topmann schmerzt.
Was folgt, ist eine zweite Karriere als Parlamentarier. Dieses Mal als SPD-Europaabgeordneter (1984 – 1994) in Straßburg und Brüssel. Es geht die Geschichte, dass er es in Straßburg wegen seiner Vorliebe für die Weißwein-Bitterlikör-Mischung zu einiger Bekanntheit in Restaurants im Europaviertel gebracht hat: Wer einen „Topmann“ bestellte, bekam ein Glas trockenen Weißwein und ein Gläschen Campari dazu serviert …
In allem Wirken war Günter Topmann stets verbindlich. Wer sein Wort hatte, konnte sich darauf verlassen, egal ob politischer Gegner oder Genosse aus den eigenen Reihen.
Die letzten Lebensjahre verbrachte Topmann mit seiner Frau Änne in Bielefeld, nahe der Familie von Tochter Andrea. Gesundheitliche Probleme machten ihm zunehmend zu schaffen, schränkten seinen Bewegungsradius immer weiter ein. Am 19. August ist Günter Topmann verstorben. Die Beisetzung hat, in Altena, in aller Stille stattgefunden.