Altena/Märkischer Kreis. Die Sprengung der A45-Talbrücke Rahmede am 7. Mai 2023 haben auch viele Altenaer live miterlebt. Es war ein imposantes Erlebnis, als der 17.000 Tonnen schwere Stahl- und Betonkoloss in sich zusammenfiel. Doch bevor die Sprengung ausgelöst werden konnte, musste sich das mit nur 2,5 Kilogramm dagegen federleichte Wanderfalkenpaar in Sicherheit bringen können. Das gelang durch eine Vergrämungssprengung. Die Pressestelle des Märkischen Kreises berichtet jetzt, was aus den vertriebenen Wanderfalken geworden ist.

„3, 2, 1 – Sprengung“: Es sind legendäre Worte, die Sprengmeister Michael Schneider am 7. Mai 2023 ausruft. Die Menschen aus Altena und dem Märkischen Kreis sind an diesem frühlingshaften Sonntag auf den Höhen ringsum die Rahmedetalbrücke dabei, verfolgen gebannt Live-Streams oder sind auf öffentlichen Veranstaltungen Zeuge dieses Momentes.  575 Tage, nachdem die 70 Meter hohe und gut 450 Meter lange Talbrücke der A45 für den Durchgangsverkehr gesperrt worden war, fällt die Brücke in sich zusammen. Ein 17.000-Tonnen-Koloss aus Stahl und Beton, von dem innerhalb weniger Sekunden nur Schutt und Asche bleiben.


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Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit: Bereits 30 Sekunden vor der gigantischen Sprengung der Brücke gab es bereits einen Knall. Mit der Vergrämungssprengung, beaufsichtigt von Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Märkischen Kreises, sollte das Wanderfalken-Paar, das sich an der Talbrücke Rahmede nieder gelassen hatte, aufgeschreckt werden, damit es wegfliegen kann. Mit Erfolg: Die Falken flogen rechtzeitig davon. Fast ein Jahr später hat Caroline Bendrien, Biologin bei der UNB, gute Nachrichten: „Wir haben die begründete Hoffnung, dass es in einem der beiden Ersatzquartiere zu einer Brut kommt. Alles sieht aktuell nach einer Brutvorbereitung aus. Die Nistmulde ist gemacht.“

Viel beachteter Umzug der beiden Küken

Noch vor der Sprengung 2023 hatte das Wanderfalkenpaar bereits Nachwuchs an der berühmten Talbrücke ausgebrütet. Die beiden Jungvögel, ein Weibchen mit dem Namen Lulani und ihr Bruder Nepumuk, erblickten im April das Licht der Welt. Was folgt, ist ein viel beachteter Umzug. Ein Team aus spezialisierten Ornithologen der AG Wanderfalkenschutz NRW im NABU und der Umweltbaubegleitung der Autobahn GmbH – begleitet und gesichert von Industriekletterern – entnahm die jungen Küken behutsam dem Nistplatz. Für die Jungtiere ging es zunächst in die Obhut der AG Wanderfalkenschutz. Am selben Tag saßen sie gut geschützt und umhegt an einem anderen Brutplatz weit entfernt vom Märkischen Kreis, in dem bereits ein Jungvogel geschlüpft war. Die Wanderfalken-Geschwister wurden beringt, wurden von der Ziehmutter versorgt und flogen einige Wochen später aus.

Was ist aus Lulani und Nepumuk geworden?

Die Geschichte um Lulani nahm Ende Oktober 2023 eine dramatische Wendung. Das Weibchen wurde auf einem Feld aufgefunden, schwer verletzt und – wie sich herausstellte – mit Schrot im Flügel und im Bein. Eine Tierärztin holte die junge Falkendame ab und kümmerte sich um die Erstversorgung. Weiter ging es zur Greifvogelstation in Wesel sowie zu Experten nach Düsseldorf.

Elf Mal wurde Lulani narkotisiert. Ihr verletzter Flügel wurde zum Schutz wieder und wieder mit einem sogenannten Patch versehen, damit das Loch sich nach und nach schließen konnte und der Flügel verheilte. Hervorragende Arbeit leistete dabei die Greifvogelstation, die das geschwächte Tier über Wochen und Monate hinweg ehrenamtlich aufpäppelte. „Da waren viele Schutzengel am Werk, die sich großartig um das Jungtier gekümmert haben. Wir sind den Menschen sehr dankbar für ihren Einsatz“, sagt Caroline Bendrien und ergänzt: „Lulani hat der Finderin, der Tierärztin und allen Tierexperten ihr Leben zu verdanken. Leider ist illegale Greifvogelverfolgung kein Einzelfall. Wir verurteilen solche kriminellen Aktionen aufs Schärfste.“

Dass es Lulani gut geht, weiß Caroline Bendrien aus erster Hand. Sie fuhr jetzt im März weit mehr als 100 Kilometer, um die junge Wanderfalken-Dame beim ersten Ausflug in freier Natur seit sehr langer Zeit zu sehen. Lulanis Start war ein Gänsehautmoment für alle Tierfreunde vor Ort. „Sie ist direkt mehr als zwei Minuten lang geflogen, war voller Freiheitsdrang. Mit unglaublich viel Energie“, berichtet Bendrien. Es sei eine traumhafte Vorstellung, Lulani eines Tages in einem mit einer Webcam ausgestatteten Nistkasten brüten zu sehen.

Und ihr Bruder Nepumuk? Der ist längere Zeit nicht mehr gesichtet worden. Das muss aber keine schlechte Nachricht sein, wie Caroline Bendrien betont: „Wir sind guter Hoffnung, dass er gesund und frei durch die Gegend fliegt.“

Zur Info: Die UNB bittet um Verständnis, dass zum Schutz der Tiere keine näheren Einzelheiten zum genauen Aufenthaltsort der Wanderfalken preisgegeben werden können.

Beitragsfoto: Märkischer Kreis

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