Altena. Bei sieben Nein-Stimmen von Grünen und Linkspartei, aber Zustimmung von CDU, SPD, SDA und dem Vertreter der FDP hat der Rat der Stadt Altena am Montagabend (22. Februar) den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. Das Zahlenwerk sieht Ausgaben in Höhe von rund 52 Millionen Euro vor und soll, Dank der Corona-Abrechnungen, mit einem Plus von rund 600.000 Euro abschließen.
An den Tagungsort haben sich die Ratsmitglieder wahrscheinlich schon gewöhnt. Nicht im Ratssaal, sondern im Festsaal vom Haus Lennestein kamen die Ratsfrauen und -herren zusammen – um die Corona-Abstandsregeln einzuhalten. Und dennoch war es eine Ratssitzung der Premieren: Mit Helmar Roder (CDU) und Markus Ferber (SPD) urteilten jeweils die neuen Vorsitzenden der beiden größten Ratsfraktionen über den Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung. Und: Es ist der erste Etat, dem die neue Kooperation von CDU und SPD zur Mehrheit verhalf. Die Grünen, als von der CDU verlassener Ex-Partner, haben sich mit ihrer Rolle als größte Oppositionspartei allerdings schon angefreundet. Pointiert begründete Grünen-Fraktionschef Oliver Held die Ablehnung seiner Fraktion.
Den Anfang machte Helmar Roder als Chef der größten Ratsfraktion mit einem ausgewogenen Statement: „Dem Stellenplan haben wir bereits im Hauptausschuss zugestimmt, dem Haushalt werden wir zustimmen, weil wir in ihm eine Weiterentwicklung unserer Stadt sehen. Viele begonnene Projekte werden weiter entwickelt und zu Ende gebracht, in vielen Bereichen sehen wir eine Veränderung, die gut tut“, fand der Dahler Ortsvorsteher und versuchte so Zustimmung zu geben, ja sogar Lob für den frischen Wind im Rathaus zu verteilen, ohne die bisherige Sparpolitik von Uwe Kobers Vorgänger, Andreas Hollstein, zu kritisieren.
„Massive Investitionen in Sicherheit“
Roder stellte die bereits bekannten Projekte der Stadtentwicklung, wie Weiterbau des Lenneparks, Neubau der Feuerwache und von drei Feuerwehrgerätehäusern oder die Nachnutzung der Industriebrachen an der Werdohler Straße heraus. Kritik verteilte der CDU-Mann an das FDP-geführte NRW-Schulministerium, das die Schulleiter in der Corona-Pandemie teils viel zu knapp über Änderungen informiert habe, und an steigende Sozialausgaben, die die Stadt nicht beeinflussen kann. Als „anspruchsvoll, aber machbar“ bezeichnete er die Gesamtvorhaben der Stadt und mahnte zugleich, nicht zu viel auf einmal anzugehen: Sortieren helfe, war sein Tipp.
Als „fundiertes Zahlenwerk“ bezeichnete Markus Ferber, Fraktionsvorsitzender der SPD, den Etatentwurf und stellte wie sein Vorredner die „massiven Investitionen in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger“ heraus: Das Geld, dass für die Beschaffung neuer Feuerwehrfahrzeuge und den Bau der Gerätehäuser vorgesehen ist. Und er verwies auf die Ausgaben der Stadt für die digitale Ausstattung der Schulen. Im Rathaus sei bei den Mitarbeitern „eine Aufbruchstimmung“ festzustellen; dies und der solide Haushaltsentwurf mit den Vorhaben der Stadtentwicklung seien Grund genug, „positiv in die Zukunft unserer Stadt zu schauen“. Beim Stellenplan geht nach Einschätzung der SPD noch mehr: Bisher würden lediglich ausscheidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Neueinstellungen ersetzt. Deshalb begrüßte Ferber die von Bürgermeister Uwe Kober angekündigte Stellenneubewertung für das gesamte Rathauspersonal.
Sitzungspause zum Durchlüften
Zwei Statements – danach gab es die erste von zwei Pausen, um kräftig durchzulüften. Ein frischer Wind, der den Corona-Auflagen geschuldet war. Weniger, um die Gemüter abzukühlen – auch wenn sich Grünen-Fraktionschef Oliver Held anschließend augenzwinkernd einen verbalen Schlagabtausch mit seinem Gegenüber von der CDU leistete.
Zunächst kam der Grünen-Chef allerdings nicht umhin festzustellen, dass alle Änderungsanträge zum Haushaltsplan von den Grünen gekommen seien – und dass leider alle Anträge abgelehnt worden sind. Held stellte fest, dass die CDU „genervt“ wirke, wenn es etwa um den Lenneradweg gehe. Im Wahlkampf habe es noch große Einigkeit gegeben; davon sei nicht viel übrig geblieben. Bei Unions-Fraktionschef Roder klinge beim Thema Lenneradweg „etwa so viel Begeisterung durch wie bei einem Fünfjährigen, der erfährt, dass es zum Mittagessen Blattspinat gibt“, formulierte Held. Dass nicht alle Schüler/innen durch die Stadt mit dem gleichen Tablet ausgestattet würden, wie es die Grünen gefordert haben, hielt Held für einen Nachteil: Das werde jetzt wie fünf verschiedene Englischbücher in einer Klasse ausgehen.
Oliver Held arbeitet sich an der SPD ab
Weiter forderte Held mehr Mitsprache durch die Stadt bei den Aufnahmekriterien der Kindergärten in anderer Trägerschaft und mehr „Bedarfsgerechtigkeit“. Zudem hielt Held CDU und SPD vor, dass sie ihr Mitte Oktober bekanntgegebenes „Regierungspapier“ nicht inhaltlich vorgestellt hätten: Trotz Nachfragen habe er bis heute diese Vereinbarung nie zu Gesicht bekommen. – „Ich habe noch eine dabei!“, bekam Held als Antwort von CDU-Fraktionschef Helmar Roder; im Anschluss durfte Held das Papier lesen, durfte es aber nicht behalten: Es war offenbar das einzige Exemplar vor Ort.
Zum Schluss seiner Rede, die die längste der Beiträge war, arbeitete sich Held nicht an der CDU, die die Grünen sitzen gelassen hat, sondern an deren neuem Partner, der SPD ab. Die Sozialdemokraten seien offenbar „ein Partner ohne große Ansprüche“. Statt vormals sechs Sitzen Vorsprung der SPD auf die Grünen sei es jetzt nur noch einer – und die große Koalition sei bekanntlich kein Erfolgsmodell für die SPD, rechnet Held künftig mit weiteren Einbußen bei der SPD.
SDA erinnert an den „Altschuldenschnitt“
Oliver Held kündigte eine „konstruktive Zusammenarbeit“ an und forderte „mehr Offenheit für Vorschläge aus der Opposition“ und mehr „eigene Ideen“ der neuen Mehrheit. Dem Etatentwurf für dieses Jahr könnten die Grünen allerdings nicht zustimmen.
„Wer war eigentlich in der letzten Wahlperiode an den Beschlüssen beteiligt?“, fragte Ulrich Biroth von der SDA (Soziale und demokratische Alternative) in Richtung der Grünen nach deren Kritik und konterte damit die Kritik seines Vorredners. Biroth lobte den „Stellenplan“, der zumindest Nachbesetzungen vorsehe und erinnerte an einen Vorschlag eines ehemaligen externen Beraters der Stadt zu Zeiten, als die Überschuldung noch höher lag: an die Idee des „Altschuldenschnitts“. Biroth: „Damals haben viele gelacht und heute wird dann genau diese Idee vom Bundesfinanzminister im Rahmen der Pandemie auf höchster Ebene ins Spiel gebracht“. Ein Altschuldenschnitt, also ein Neuanfang bei +/- Null, würde Altena „garantiert helfen“.
Die Linke will den Burgrock zurück
Für die FDP, die, ebenso wie die Linke, keinen Fraktionsstatus hat, äußerte sich Ratsherr Bernhard Diel. Er hofft, dass die Stadt in Zukunft „die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger“ wieder senken könne, lobte die „gute Personalpolitik“ und kündigte seine Zustimmung an.
Christian Kißler, alleiniger Vertreter der Linken, kritisierte den Stellenplan für das Rathaus als „geplante Unterbesetzung“ und bemängelte „zu wenig Investitionen“. Mit den „Problemen der Stadt müsste kreativer umgegangen werden“, so Kißler, der eine „bespielbare Innenstadt“ und eine Wiederbelebung des Burgrocks vorschlug – bevor Bürgermeister Uwe Kober ihn mit Blick auf die Redezeit einbremste.
Um 18.21 Uhr gab es dann das Ergebnis der ersten Haushaltsabstimmung der neuen Wahlzeit: CDU, SPD, SDA und FDP dafür, Grüne und Linke dagegen.