Altena. Die Stadt hat die Einschränkung des öffentlichen Lebens weiter verschärft, um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen: Weitgehend alle Geschäfte sowie auch Cafés, Kneipen und Eiscafés im Stadtgebiet müssen schließen. Damit setzt die Stadt als zuständige Behörde am Mittwoch (18. März) die Vorgaben um, die die Landesregierung bereits am Dienstagabend beschlossen hatte.
„Wo bekomme ich denn jetzt eine Gaskartusche für meinen Wassersprudler?“ Verunsicherung und Verzweiflung schwingt in der Frage der älteren Dame mit. Sie steht am Mittwochvormittag mit ihrem Rollator vor der Ladentür von „Radio Schmitz“ an der Kirchstraße. Betreten darf sie das Geschäft nicht mehr: Kerstin und Michael Sonntag vom städtischen Ordnungsamt haben Inhaber Alexander Schmitz gerade die Anordnung zur Schließung überbracht, wie zig anderen Einzelhändlern davor auch. Eine undankbare Aufgabe, die den beiden in der städtischen Uniform sichtlich schwer fällt. „Das ist so ziemlich das Schlimmste, was ich bisher in 30 Dienstjahren bei der Stadt machen musste“, sagte Michael Sonntag leise.
Kein Kunde darf das Geschäft betreten
Da Alexander Schmitz auch Batterien, Leuchtmittel und vor allem Telefone und Zubehör dafür verkauft, gibt es eine Sonderregelung: Er darf durch das geschlossene Rollgitter an der Ladentür diese notwendigen Artikel weiterverkaufen – es darf aber kein Kunde mehr das Geschäft betreten. Schmitz arrangiert sich mit der Vorgabe. Der Werkstattbetrieb darf übrigens weitergehen – der fällt nicht unter das Schließungsgebot für den Einzelhandel, denn Handwerk und Dienstleistungen sind davon nicht betroffen. Das gleiche gilt etwa für einen Raumausstatter: der Verkauf muss unterbleiben, die Werkstatt darf weiterarbeiten.
Bei anderen Branchen gibt es keinen Spielraum. Das Reisebüro, der Textildiscounter, auch das Sozialkaufhaus müssen schließen.
Gaststätten legen Lieferservice auf
Restaurants und Gaststätten dürfen frühestens um 6 Uhr öffnen und müssen spätestens um 15 Uhr wieder schließen; Übernachtungen von Touristen sind verboten. Einige Gaststätten bieten mittlerweile einen Lieferservice. Das ist nämlich erlaubt.
Auch Cafés und auch Eiscafés, die zunächst noch von der ersten Schließungsverfügung vom Montag ausgenommen waren, müssen zumachen. An der Mittleren Brücke bringt das Team vom Eiscafé Cappuccino Stühle und Tische der Außengastronomie rein. Bei mehr als 15 Grad und herrlichem Sonnenschein. Ein groteskes Bild.
Wochenmarkt kann stattfinden
Das gesamte Stadtgebiet, nicht nur die Innenstadt, ist von der Schließungsverfügung betroffen. Wörtlich heißt es: „Der Einzelhandel wird geschlossen. Davon ausgenommen sind: Lebensmittelgeschäfte, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken/Sparkassen, Poststellen, Friseure, Reinigungen, Zeitungsverkauf, Bau- und Gartenbedarf, Tierbedarfsmärkte und Großhandel sowie Abhol- und Lieferdienste“. Eine weitere Ausnahme: Der Wochenmarkt darf am Donnerstag auch stattfinden, weil er zur Nahversorgung beiträgt.
Abgesperrt und geschlossen sind auch alle privaten und öffentlichen Spiel- und Bolzplätze; jeglicher Betrieb auf öffentlichen und privaten Sportanlagen und alle Zusammenkünfte in Vereinen und Freizeiteinrichtungen müssen unterbleiben.
Dringender Appell: Zu Hause bleiben
Mit der Verschärfung der schon einschneidenden Maßnahmen, die am Montag getroffen wurden, soll die weitere Ausbreitung des Corona-Virus eingedämmt und die Zahl der Neuinfektionen minimiert werden. „Unser gewohntes Leben in Altena erfährt damit eine drastischen Einschränkung. Es ist jedoch wichtig, dass wir alle dazu beitragen, diese Maßnahmen konsequent einzuhalten, damit die Pandemie in ihrer Schnelligkeit eingedämmt werden kann und nicht noch drastischere Maßnahmen wie eine Ausgangssperre verhängt werden müssen“, sagt Bürgermeister Andreas Hollstein am Mittwoch. Er appelliert an alle, sich an das „Gebot der sozialen Isolation“ weitgehend zu halten. Hollstein: „Die Eindämmung beginnt mit jedem von uns und unserem Verhalten. Unsere Konsequenz entscheidet.“
Hollstein hofft, dass die angekündigten staatlichen Hilfen für die Wirtschaft möglichst unbürokratisch kommen. „Da sind Existenzen betroffen“, ist sich Hollstein mit Blick auf Einzelunternehmer und auch den Mittelstand sicher. Hautnah haben das Kerstin und Michael Sonntag vom Ordnungsamt zu spüren bekommen. „Da sind auch Tränen geflossen“, berichten sie über ihre Tour entlang der Geschäfte, deren Schließung sie durchsetzen mussten. Am Ende bleibt den beiden nur eins: sich zu bedanken. „Für das Verständnis der Betroffenen.“