Altena. Freitagabend, mittlerweile 22.02 Uhr. Beifall im Foyer der Burg Holtzbrinck. Rita Rüth hat gerade das Ergebnis der Abstimmung bekannt gegeben: Mit 15 Ja-Stimmen und nur einer Enthaltung haben Altenas Grüne soeben Katharina Hübenthal zu ihrer Bürgermeisterkandidatin für die Kommunalwahl im September gewählt. Zuvor hat sich die 38-jährige parteilose Rechtsanwältin und Notarin in zwei Interview-Runden den rund 100 Besuchern des Abends vorgestellt.
Ob sie die Besucher des Abends auch so klar überzeugt hat, wie Altenas Grüne, muss sich noch zeigen. Zum Applaus gibt es jedenfalls Glückwünsche und viele Hände zu schütteln. Was überwiegt bei der frischgebackenen Kandidatin: die Erleichterung über das Wahlergebnis oder die Anspannung mit Blick auf die anstehende Aufgabe? „Freude und Spaß“, antwortet Katharina Hübenthal offen und man nimmt ihr dabei ab, dass ihr die Kandidatur, die ihr die Bündnisgrünen angetragen haben, eine Herzensangelegenheit ist und sie die Aufgabe aus Überzeugung annimmt. Allerdings kann das im Verlaufe des Abends, der um 19.30 Uhr, eine Etage höher, im Georg-von-Holtzbrinck-Saal begonnen hat, nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel Überzeugungsarbeit vor ihr liegt.
„Mit den Leuten sprechen“
„Das Gespräch suchen“, „Ansprechpartnerin sein“, „Sofort vor Ort sein und mit den Leuten sprechen“: Diese Sätze fallen häufig von Katharina Hübenthal im Doppel-Interview, wenn es um schwierige oder höchst umstrittenen Themen geht: den Ärger der Tagesmütter, die Problem-Hochhäuser auf dem Nettenscheid, die Windkraftanlage auf dem Kohlberg. Es entsteht das Bild, dass sie ihre Aufgabe als Bürgermeisterin im Falle ihrer Wahl offenbar als Moderatorin sieht. Dass sie ausgleichen will. Im besten Fall sogar unterschiedliche Standpunkte zusammenführen will. Das ist zunächst einmal gut. Nur: Katharina Hübenthal vermeidet damit klare Festlegungen, vernachlässigt, ihren eigenen Standpunkt, an dem die potenziellen Wähler/innen sicher interessiert sind, klarzumachen.
Steilvorlage verschenkt
Als Klaus Maliga, Leiter der ehemaligen Lokalredaktion Altena der Westfälischen Rundschau und nach wie vor kenntnisreicher Kenner der Altenaer Politik, im Interview danach fragt, wie sie als Bürgermeisterin mit „Bedrohungen und dem rechten, vulgären Populismus“ umgehen würde, verschenkt sie die eigentliche Steilvorlage. „So `was geht gar nicht“, urteilt die Juristin knapp. Oder antwortet mit einem Allgemeinsatz: „Gewalt ist nie eine Lösung.“ Kein Wort zu den Morden in Hanau, die gerade 48 Stunden zurückliegen und die keiner, der Grünen-Politik vertritt, unkommentiert lassen kann. Kein Wort zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke – oder zum Angriff auf den Amtsinhaber in Altena, Bürgermeister Andreas Hollstein. Kein überzeugendes Statement für die freiheitliche Grundordnung und den Rechtsstaat, kein Aufruf, zusammen gegen rechte Gewalt und rechten Terror zu stehen. Schade.
Zuhörer bleiben im Ungefähren
„Da habe ich noch keine kompletten Lösungskonzepte“, erklärt Katharina Hübenthal auf die Bauruine der Berg-Stiftung mitten in der Stadt und den Leerstand im Stapel-Center angesprochen. Oder, bei der Frage nach einer möglichen Erweiterung des Gewerbegebietes Rosmart: „Da muss ich erst die Faktenlage prüfen“. Das sind hoch ehrliche Antworten. Das ehrt die 38-Jährige und unterscheidet sie von anderen, die vielleicht in gleicher Situation gestanzte Antworten parat hätten. Aber Katharina Hübenthal lässt die Zuhörer damit im Ungefähren. Sicher: Es ist erst der Abend der Nominierung – aber wer auf den Chefsessel im Rathaus will, muss möglichst vom ersten Auftritt an überzeugen.
Von Altena überzeugt
Ihre Stärken hat sie immer dann, wenn es um ihre Verbindung zu Altena geht. Dass sie gerne mit ihrer Familie von Iserlohn hierher gezogen ist und hier lebt. Dass sie junge Menschen überzeugen will, nach Ausbildung oder Studium „wieder nach Altena zurückzukehren“. Dass „Altena die Burg hat, aber auch ein tolles Kino“. Dass Altena „nicht nur aus der Innenstadt besteht“ und sie auch „die Ortsteile im Blick halten“ will. Und von einer Verkleinerung der Stadtverwaltung, etwa durch die Abgabe des Jugend- oder Bauamts an den Märkischen Kreis, hält sie nichts; die Grünen-Kandidatin will „kurze Wege für die Bürgerinnen und Bürger“ zur Verwaltung. Klimaschutz- und Umweltpolitik sind ihr wichtig; sie hebt hervor, dass Altena die Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Leuchten umgestellt hat.
Mitbewerber Volker Spitz im Publikum
„Eine familienfreundliche Stadt mit gut ausgestatteten Kindergärten und Schulen“, eine „attraktive Innenstadt“ und „den Tourismus“ nennt Katharina Hübenthal als ihre drei Schwerpunkte als mögliche Bürgermeisterin den rund 100 Zuhörern im Holtzbrinck-Saal.
Zu diesen Besuchern des Grünen-Abends gehören übrigens etliche, die auch beim ersten Dialog-Abend des parteilosen Bürgermeisterkandidaten Volker Spitz mitdiskutiert haben – und Spitz selbst hört sich die Interview-Runde seiner künftigen Wettbewerberin ebenfalls an. Jedenfalls den ersten Teil.
Nach dem Interview durch Klaus Maliga und den Fragen aus den Reihen der Zuhörer erfolgt die Nominierung und die Bekanntgabe der Abstimmung. Das nächste wichtige Ergebnis für Katharina Hübenthal und die Grünen gibt es am Tag der Kommunalwahl, am Sonntag, 13. September. Ab 18 Uhr.